Die Platte lebt e.V.

August 2011

„Platte lebt“ hat neue Ziele abgesteckt
Stadtteiltreff „Eiskristall“ soll auf jeden Fall weiterlaufen

Keine Frage, dass der Verein „Die Platte lebt“ seinen Stadtteiltreff „Eiskristall“ am Berliner Platz in Neu Zippendorf auch nach Auslaufen der Fördermaßnahmen weiter betreiben will. Das wurde auf der Mitgliederversammlung Ende Juni bekräftigt. „Wir wussten, dass die Zuschüsse zum Modellprojekt ‚Soziale Stadt‘ nach drei Jahren aufgebraucht sind und wir nach neuen Finanzierungsmöglichkeiten suchen müssen. Einige Ideen haben sich zerschlagen. Aber wenn es so weiter läuft wie bisher, sind wir in der Lage, die monatlichen Nebenkosten durch Veranstaltungen und Vermietung aufzubringen. Die WGS als Vermieter hat uns zugesichert, dass wir die Räume zu den alten Konditionen weiter nutzen können“, gab sich Vereinsvorsitzende Hanne Luhdo zuversichtlich.

Eine Verlängerung für die drei geförderten Arbeitsstellen (Kommunalkombi) sei allerdings nicht möglich – so das nüchterne Fazit nach vielfältigen Bemühungen. „Das ist schade, weil sich das Team gut eingespielt hat und zu den Besuchern ein Vertrauensverhältnis aufgebaut wurde, vor allem zu Koordinatorin Evelyn Scheffler, die über die Dienstzeit hinaus immer ein offenes Ohr für die Gäste hat“, sagte Hanne Luhdo und fügte hinzu: „Dennoch wird es auch hier keine Ausnahmeregelung geben können, und Spendenaktionen sind nur kurzfristig hilfreich. Auf Dauer funktioniert sowas nicht. Deshalb sind wir froh, dass wir drei neue geförderte Stellen in Aussicht haben, mit denen wir das Angebot aufrecht erhalten können.“

Dass der Verein 2010 gut gewirtschaftet hat, bescheinigte Kassenprüfer Jürgen Wörenkämper der Schatzmeisterin Ingrid Schersinski. Er wies aber auch darauf hin, dass der Vorstand Gemeinnützigkeit und wirtschaftlichen Zweckbetrieb immer im Auge haben müsse. Der Verein war 2010 für 14 Veranstaltungen und Projekten, die aus dem Verfügungsfonds „Soziale Stadt“ gefördert wurden, verantwortlich – von Pflanzaktionen unter dem Motto „Unser Stadtteil blüht auf“ bis zum Stadtteilfest, das die Vereine und Einrichtungen traditionell gemeinsam ausrichten. Auch die Trödelmärkte auf dem Berliner Platz und dem Keplerplatz, die Reihe „Neu Zippendorf liest“, die „Kleine Kochschule“, der „Runde Tisch Soziales“ und der Lernkreis „Deutsch für Migrantenkinder“ gehören zu den Aktivitäten des Vereins. Ein weiteres Thema, dem sich die Mitglieder künftig widmen wollen, sind neue Wohnformen in der Platte – von der Single-WG bis zum Mehrgenerationen-Wohnen.

Deshalb lädt der Verein am 30. August, 18 Uhr, zu einer Diskussion ins „Eiskristall“ unter dem Motto „Morgen wohnen – ein Thema für heute“ ein. Reden Sie mit!

 

Die Platte lebt - Modell-Netzwerk

Das Netzwerk des Vereins „Die Platte lebt“ im Rahmen der Stiftung „Haus der kleinen Forscher“ wurde für ein neues naturwissenschaftlich - technisches Bildungsprojekt für sechs- bis zehnjährige Kinder als Piloteinrichtung ausgewählt. Es ist damit eins von 52 Modell-Netzwerken in Deutschland, in denen ein Programm für diese Zielgruppe sowie zur Fortbildung für pädagogische Fachkräfte aus Bildungseinrichtungen und Nachmittagskursen erarbeitet werden soll. Erstes Thema für die Sechs- bis Zehnjährigen wird das „Bauen und Konstruieren“ sein, das im September anläuft. Netzwerkkoordinatorin Rosemarie Kaminski informierte darüber, dass zunächst die 16 Schweriner Hortgruppen eingebunden werden, die bereits im „Haus der kleinen Forscher“ aktiv sind. red

 

Anna und Fabian repräsentieren den Dreesch
Verein „Die Platte lebt“ hat Miss und Mister Dreesch gesucht und gefunden

 
Die Besucher waren begeistert: „Alle Achtung, was die jungen Leute hier geboten haben.“ Show-Tanz, Rap, Gesang, Klaviermusik. Dazu eine Modenschau, in der die jungen Damen Freizeitbekleidung von kik wie die Profis präsentierten. Obwohl die Jury kritischer hinschaute und hinhörte und einiges auszusetzen hatte, fühlte auch sie sich bestens unterhalten. Stev Ötinger und Georg-Christian Riedel als Vertreter der Ortsbeiräte, Musikexperte Peter Metzler, Leiter der Astrid-Lindgren-Schule, sowie Carola Hoffmann und Dietmar Krüger vom Verein „Die Platte lebt“ gestanden, dass sie im Stadtteilquiz, in dem es um 40 Jahre Dreesch ging, auch etwas dazugelernt hätten, denn die Wettbewerbsteilnehmer waren gut vorbereitet. Fabian Pagel (18), der als einziger männlicher Bewerber und als einziger Einheimischer angetreten war, traf mit dem Rap an sich nicht gerade den Nerv der Jury, überzeugte aber mit seinem Text und seinem ehrenamtlichen Engagement im Stadtteil, so dass er am Ende den Titel „Mister Dreesch“ erhielt. Bei den jungen Damen gab es ein hartes Kopf-an-Kopf-Rennen. Während Anna Zezul (20) bei der Modenschau und mit ihrem Solotanz punktete, überzeugten Anna Basina (15) und Julia Avramenko (14) vor allem am Piano. Auch Türkan Aydin konnte das Publikum mit ihrem Auftritt mitreißen. Doch am Ende durfte nur Eine die Schärpe umlegen: Anna Basina. Die Gymnasiastin vereint nach Ansicht der Jury Intelligenz, Schönheit und Talent in besonderer Weise. Am „Gesamtpaket“ gab es nichts auszusetzen. „Für mich persönlich war es eine neue Erfahrung und es hat mir großen Spaß gemacht, mich mit dem Dreesch zu beschäftigen. Ich hoffe etwas dazu beitragen zu können, dass dieser Stadtteil einen besseren Ruf bekommt und freue mich auf die kommenden Veranstaltungen“, fasste die Siegerin ihre Eindrücke zusammen. Alle Teilnehmer erhielten Einkaufsgutscheine, gesponsert vom BilSE-Institut.
Miss und Mister Dreesch konnten sich außerdem über eine Einladung der Geschwister Melzer in das Fernsehturm-Restaurant, über Theatergutscheine und ein Fotoshooting im Schmuck-Atelier Frost am Berliner Platz freuen.
Herzlichen Glückwunsch!
Bild: Die Finalisten: Anna Zezul, Anna Basina, Fabian Pagel, Julia Avramenko und Türkan Aydin (v. l. n. r.) Foto: hl

 

Präventionsrat förderte Lernkreis

Deutsch für Migrantenkinder hat der Lernkreis des Vereins „Die Platte lebt“ im zweiten Schulhalbjahr angeboten. Er traf sich zweimal wöchentlich in den Stadtteilbüros Neu Zippendorf bzw. Mueßer Holz. Gefördert wurde er vom Präventionsrat der Landeshauptstadt.

„Gute Leistungen stärken das Selbstbewusstsein. Wir freuen uns, dass wir den Schülern helfen konnten, ihre Deutschkenntnisse zu verbessern und ihre Freizeit sinnvoll zu gestalten.“ , sagte Irina Abliganz vom Stadtteilmanagement, die den Lernkreis organisierte. Die zwölf Schüler wurden von Renate Handschke und Helga Gabriel unterrichtet. Der Verein bemüht ich derzeit um weitere Fördermittel, um die Kurse im neuen Schuljahr fortsetzen zu können.

 

Schwierigkeiten gab’s zuhauf
Heute bieten die drei Dreescher Stadtteile Zukunft für Jung und Alt

 
„Die ‚Platte‘ heute zu verteufeln ist ebenso ungerecht wie unsinnig. Ich bin stolz auf das, was wir in 17 Jahren in materieller und finanzieller Zwangslage und trotz Widerstands der Parteibürokratie schaffen konnten.“ So fasste Konrad Biallas das gut besuchte „Erzähl-Café“ im „Eiskristall“ zusammen. Der Oberbauleiter im Dreescher Neubaugebiet vor 40 Jahren war in der Festwoche einer Einladung des Vereins „Die Platte lebt“ zu einem Erinnerungsabend gefolgt. Mit ihm kamen Chefarchitekt Hans-Peter Schmidt, die Architektin Christa Reiser, außerdem Komplexbauleiter Stefan Gillner, der Leiter des Plattenwerks Norbert Peiser, Günter Henffler als Leiter einer Taktstraße und Hans-Joachim Peters vom Stadtbauamt. Kundig und umsichtig moderierte Rosemarie Kaminski, seinerzeit in der Kombinatsleitung des WBK (Wohnungsbaukombinat) tätig.
 
Kein Spielraum für Kreativität
 
„Oft sind wir an den politischen Weisungen gescheitert“, erinnerte sich Hans-Peter Schmidt. „Die Richtwerte, die – einheitlich für die gesamte DDR vorgegeben – waren unbedingt einzuhalten. Spielraum für kreative Ideen der Architekten gab es kaum.“ Dem stimmte Christa Reiser zu, deren „hochfliegende Träume“, die sie als junge Absolventin von der Bauakademie in Weimar mitgebracht hatte, jäh „von der schockierenden Realität in Schwerin widerlegt“ wurden. „Es galt nur, was vorhanden war – kreativ Neues umzusetzen war unmöglich.“ Ihre Handschrift trägt in Schwerin jedoch die optisch norddeutsch geprägte Fassade der Rathaus-Rückseite.
 
Über die Schwierigkeiten, die ihren Ursprung oft in der Vielzahl der unterschiedlichen Fertigteile und auch in der Zulieferung von Baustoffen, z. B. aus dem gerade entstandenen Kieswerk Pinnow hatten, berichtete Nobert Peiser, während Günter Henffler den kaum vorstellbar schweren Arbeitstag an der Taktstraße seit 1975 schilderte. „Bei Wind und Wetter arbeiteten rund einhundert Monteure dreischichtig nach der so genannten 50-Tage-Technologie. Während dieser Zeit hatten 30 bis 50 Wohnungen pro Monat zu entstehen, und wer allein schon bei Frost im Winter Fassaden zu streichen hatte, weiß um die Schinderei.“ Henffler hatte Erfahrungen bereits in Lankow und in der Weststadt sammeln können.
 
Stefan Gillner blendete in die Atmosphäre während der Grundsteinlegung am 11. November 1971 zurück und fand dabei auch anerkennende Worte für den damaligen Oberbürgermeister Horst Pietsch (1971 bis 1977), der – in Mecklenburger Art – fachlichen Argumenten durchaus sein Ohr öffnete, was Ausnahmecharakter besaß. „Von den Baukosten liegen 24 Prozent in der Erde“, sagte der Komplexbauleiter. „Unter dem Erdboden verlaufen heute insgesamt sieben Kilometer begehbare Kanäle – für Wasser, Strom, Heizung, Telefon. Jedes Baujahr verschlang 88 Millionen Mark.“
 
Hans-Joachim Peters ergänzte: „Die Dreescher Kosten insgesamt beliefen sich auf 1,7 Milliarden Mark. Der Kostendruck behinderte die Gestaltung. Besaßen beispielsweise die Elfgeschosser zunächst noch Müllschlucker, so wurden diese bald eingespart. Zweckmäßigkeit bei Kostenminimierung sowie Terminvorgabe bestimmten Planung und Ausführung.“
 
Im Resümee waren sich Gesprächspartner wie Zuhörer einig: In weiten Teilen der drei Dreescher Stadtteile lebt es sich heute gut. Vieles wurde durch die optisch attraktive Neugestaltung bereits erreicht, doch längst ist noch nicht alles getan. Wenn man sich vor Augen halte, was unter den damaligen Verhältnissen in Schwerins größtem Neubaugebiet geschaffen wurde, dann falle der Vergleich mit den Betonklötzen der sechziger Jahre in den „gebrauchten“ (westdeutschen) Bundesländern keinesfalls schlecht aus. Das immer schöner werdende Wohnumfeld bietet Zukunft für Jung und Alt. Zunehmend wird der Dreesch ein Vorzeigegebiet der Landeshauptstadt. Wir können stolz auf ihn sein! ric
 
Bild: Teilnehmer des „Erzähl-Cafés“ erinnerten sich gern an die Anfänge des Dreesches. Foto: hl

 

 

 

 

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